Schulklasse - Lehrer Bracht mit den Jahrgängen 1920 - 1923

Kleine Schulgeschichte

Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss!

Auch als Schulgemeinde hat Binzen eine lange Tradition, gehörte sie doch zu den ersten vier der insgesamt 40 Pfarrorte der damaligen Diözese Rötteln, die eine eigene Schule hatten. Die Liste der Schulmeister beginnt unmittelbar nach der Übernahme der Reformation für die Markgrafschaft im Jahre 1558 mit Jakobus Gutt aus Schliengen, danach können lückenlos alle Nachfolger bis heute aufgeführt werden.

Lehrer Bracht mit den Jahrgängen 1920 - 1923
Lehrer Bracht mit den Jahrgängen 1920 - 1923

Schulreformen sind keine Erfindung der Neuzeit, im Gegenteil: Die wirklich durchgreifenden Weichenstellungen für die Unterrichtung und Bildung nicht nur einiger Privilegierter, sondern breiter Bevölkerungsschichten gehören zu den großen geschichtlichen Leistungen, mit denen das liberale Baden - wie auch auf anderen Gebieten - beispielhaft voranging. Vor allem Markgraf Karl-Friedrich (1739 - 1811) sorgte mit seinen Neuerungen, die auf eine gleiche Ausbildung für Jungen und Mädchen abzielten, für Aufregung; wurde es doch als unerhört empfunden, dass auch Jungen sich an Nähzeug und Spindel üben sollten. Interessant, dass im Bildungsplan für die Grundschule mehr als 200 Jahre später genau diese gemeinsame Unterrichtung im Fach "Bildende Kunst und Textiles Werken" wieder für Diskussionen sorgte.

So war also die damalige Volksschule aus der eher zufälligen, oft jahreszeit- und witterungsabhängigen Erziehungsanstalt herausgewachsen und zu einer regelmäßig stattfindenden Einrichtung geworden.

Mehr und mehr achtete die damals noch kirchliche Schulaufsicht auf die Einhaltung landesweiter Bestimmungen, wachte über die gleichmäßige Lehrerbesoldung und setzte mit Zuschüssen und Landeskollekten auch ärmere Gemeinden in Stand, der Schule die notwendigen Mittel zukommen zu lassen. In jene Zeit fällt beispielsweise auch die Abschaffung des berüchtigten "Wandertisches", mit dem die teilweise in erbärmlichen Verhältnissen lebenden Schulmeister in der "Währung Essen und Trinken" bezahlt wurden. Fast gleichzeitig wurde untersagt, dass die Kinder - wie bisher üblich - das zum Heizen der Schule notwendige Brennholz von zu Hause mitbringen mussten, um die Gemeinde vor "unnötigen Ausgaben" zu bewahren.

Obwohl zu jener Zeit rechtlich noch kein Schulzwang bestand, achtete die Schulinspektion bei ihren in zweijährigen Abständen durchgeführten Visitationen genau auf die Einhaltung des Schulbesuchs und ging mit teilweise drastischen Maßnahmen gegen Nachlässigkeiten und Desinteresse uneinsichtiger Eltern vor. Der Auftritt dieser Inspektion muss für alle Beteiligten ein großes und nicht immer freudiges Ereignis gewesen sein, denn manches Lehrerschicksal hing mit dem Befund der dargebrachten Leistungen in den Fächern "Christentum, Sitten, Fleiß, Rechnen, Schreiben, Singen und Handarbeit" eng zusammen.

1864 wurde die kirchliche Schulaufsicht von der staatlichen abgelöst, das "Kreisschulamt" in Lörrach wurde geschaffen und musste unter anderem die Entflechtung von Schul- und Kirchendienst überwachen: Lehrer durften nur noch die Orgel spielen, alle anderen Verrichtungen in der Kirche, zu denen sie vorher vielfach genötigt waren, wurden untersagt. Die bedeutendste Reform des vorigen Jahrhunderts war zweifellos im Kulturbereich die 1876 für ganz Baden verbindlich eingeführte "Simultanschule", eine Errungenschaft, die in anderen Ländern noch fast 100 Jahre auf sich warten ließ.

Die förmliche Festschreibung der allgemeinen Schulpflicht in der Weimarer Verfassung 1919 bestätigte eigentlich nur noch die spätestens seit 1876 tatsächlich vorhandene Situation. Auch durch den Zweiten Weltkrieg hindurch fand der Unterricht in der Binzener Schule weitgehend regelmäßig statt, nach dem Krieg begann aber auch in den Schulstuben "die Stunde Null". Die zuvor verwendeten Bücher waren verboten, einfachste Materialien wie Kreide, Schwämme, Zeichengeräte und dergleichen waren kaum aufzutreiben.

So bestand der Unterricht jener Zeit in erster Linie aus dem, was der Lehrer als Impro-visationstalent daraus zu machen verstand und brauchte, gemessen an seinen Ergebnissen, den Vergleich mit späteren Jahren nicht zu fürchten. Trotz aller Beschwernisse und Nöte, die Aufbruchstimmung beflügelte auch Lehrer und Schüler, man freute sich gemeinsam über die wiedergewonnene Freiheit im Frieden und genoss geradezu, dass man wieder lehren und lernen durfte.

Mit den Schulentwicklungsplänen der Sechziger- und Siebzigerjahre zogen die Schulverwaltungen der Länder die Konsequenzen aus den veränderten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Binzen ging aus diesen Reformen als Sitz der Mittelpunktschule “Vorderes Kandertal” gestärkt hervor. Eine besondere Aufwertung erfuhr die Verbandsschule dadurch, dass das Kultusministerium sie im Jahre 1994 zur Standortschule für das freiwillige zehnte Schuljahr der sogenannten “Werkrealschule” bestimmte, die auch Schüler aus Weil-Haltingen und Efringen-Kirchen aufnimmt. Mit dem Unterricht für diese neue Möglichkeit, Hauptschüler zur vollwertigen “Mittleren Reife” zu führen, wurde 1993 begonnen und 1996 konnten erstmals 14 Absolventen der 10. Klasse bei der Schulentlassfeier ihre Zeugnisse der Mittleren Reife in Empfang nehmen.

Ab Klasse 5 besuchen alle Haupt- und Werkrealschüler aus den Verbandsgemeinden Binzen, Eimeldingen, Fischingen, Rümmingen, Schallbach und Wittlingen die Schule in Binzen. Trotz der Zusammenfassung unter einem Rektorat werden die Grundschulen in den einzelnen Verbandsgemeinden weiter genutzt und bilden daher die gewünschte und pädagogisch sinnvolle “wohnortnahe” Grundschule, die aber durch den organisatorischen Zusammenschluss zugleich alle Vorteile einer großen Schule aufweist.

Für Binzen selbst brachte das letzte Vierteljahrhundert eine Vielzahl schulbaulicher Aktivitäten. Bereits in den 50er Jahren wurden erste Überlegungen zur Verbesserung der Schulsituation angestellt, da die Verkehrsentwicklung auf der Hauptstraße (damals noch Bundesstraße 316) einen vernünftigen Unterricht fast unmöglich machte, und der Schulhof durch anderweitige Nutzung nahezu verlorengegangen war. So fiel 1962 im Gemeinderat die Entscheidung für den Grunderwerb in den “Steinbrunnenmatten” und bereits ein Jahr später wurde mit dem Bau begonnen. Am 1. April 1966 konnten Kinder und Lehrer festlich in den Neubau umziehen. Diesem Ereignis gedachte die Schule - 25 Jahre später - im Juni 1991 mit einem Schulfest, das als eines der schönsten und größten in die Binzener Schulgeschichte eingehen dürfte.

Durch die gewachsene Bedeutung als zentrale Hauptschule und Zentrum der Grundschulen im Verwaltungsverband ergaben sich schon Ende der 70er Jahre die ersten Raumprobleme, die nach langwierigen Verhandlungen zwischen Schulträger und Oberschulamt 1980 mit einem Erweiterungsbau der Hauptschule fürs erste gelöst wurden. Sechs Jahre darauf wurde ein weiterer Anbau in Betrieb genommen, von dem man hoffte, dass er - zusammen mit der 1987 neu errichteten Grundschule - die Schulprobleme in Binzen auf Jahre hinaus erledigt haben dürfte. Die starke Ausweitung der Wohnbebauung und Attraktivität von Binzen als zentralem und doch ländlichem Wohnort zeigten jedoch bald, dass die Raumkapazitäten erschöpft waren, so dass sich der Gemeinderat 1991 schon wieder Gedanken machten musste, wie er der steigenden Kinderzahl gerecht werden konnte. Da mit dem Bebauungsplan “Steinbrunnenmatten” planungsrechtlich eine Erweiterungsfläche gesichert wurde, konnte 1995 eine zweite Grundschule in Betrieb genommen werden, in der jetzt - zusammen mit der Grundschule aus dem Jahre 1987 - sechs Grundschulklassen unterrichtet werden können.

So ist in den “Steinbrunnenmatten” im Laufe der letzten vier Jahrzehnte ein stattliches Schul- und Sportzentrum entstanden, zu dem die drei Schulhäuser der Grund , Haupt- und Werkrealschule ebenso gehören wie die Mehrzweckhalle und die im Untergeschoss der Grundschule befindliche Gymnastikhalle. Hinzu kommt - ebenfalls in enger und bewährter Nachbarschaft der Grundschule - die gemeindeeigene “Kinderschule”, einer der beiden kommunalen Kindergärten.

Die Räumlichkeiten werden nicht nur von der Schule und der Jugend, sondern von den Vereinen, der Volkshochschule und der Jugendmusikschule Weil am Rhein genutzt. Bei all diesen Entwicklungen hat sich Binzen als schulfreundliche Gemeinde erwiesen, die den Sinn dieser Investitionen in die Zukunft erkannt hat. So wurden alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Schule für ihre Arbeit den optimalen äußeren Rahmen vorfindet, in dem sie sich entfalten kann. Und das ganz gewiss über den Tag hinaus.

  • Gemeindeverwaltung Binzen
  • Am Rathausplatz 6
  • 79589 Binzen
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