Impressionen aus Binzen

Kander und Hochwasser

  • „Verwüstungen in bis jetzt noch nie erlebtem Ausmaß“
  • „Schäden in Millionenhöhe durch Hochwasserkatastrophe“
  • „Alarm im Kandertal“
Mit diesen Überschriften bedachten das „Oberbadische Volksblatt“ und die „Badische Zeitung“ in ihren Ausgaben vom 24. und 26. Mai 1978 die Ereignisse jener Tage, die später mit dem Begriff „Jahrhunderthochwasser“ umschrieben werden sollten.

Und weiter war zu lesen:
„Das Unheil kam in den frühen Morgenstunden: Durch die starken, anhaltenden Regenfälle schwollen alle aus dem Blauengebiet entspringenden Bäche zu reißenden Wassern an und setzen weite Teile des Kandertals unter Wasser. Die Kander, ansonsten eher ein leise plätschernder Bach, schwoll sintflutartig an und trat in ganz kurzer Zeit über die Ufer. Häuser und Felder stehen seit gestern morgen unter Wasser. Die von den Bergen und Hügeln erunterschießenden Wassermassen unterhöhlten Straßen und Wege, und in Kandern und Binzen mussten Menschen und Tiere evakuiert werden. Das seit nahezu 25 Jahren schlimmste Unwetter mit katastrophalen Folgen sorgte dafür, dass Helfer aus allen Teilen der Bevölkerung, Feuerwehrleute, Polizei, angehörige des Technischen Hilfswerks und des Roten Kreuzes eine schwierige Aufgabe zu erfüllen hatten: noch mehr Schäden zu verhindern und gegen die starken Wassermasschen anzukämpfen.“ (Badische Zeitung vom 24. Mai 1978)

Jahrhunderthochwasser - Koppengasse 13
Binzen - Koppengasse 13

Kein Zweifel: der hier beschriebene reißende Fluss ist unsere Kander, die – nicht nur im Sommer – meist keinen gefährlichen Eindruck erweckt und schon gar nichts mit dieser Geißel gemein zu haben scheint, die im Laufe der Jahrhunderte und Jahrzehnte immer wieder die Bewohner an ihren Ufern in Angst und Schrecken versetzte.

Aus dieser Betrachtungsweise rührt gewiss auch die sehr stark emotional geführt Debatte über Form und Umfang der Kandersanierung, die in Binzen zu einem Politikum, in der Bürgerschaft und sogar über die Gemeindegrenzen hinaus führte.

Nach dem letzten großen Hochwasser 1978 (vorangegangen waren ähnliche Katastrophen 1948 und 1963) gewann das Thema „Hochwasserschutz“ im Gemeinderat höchste Priorität. Bereits wenige Tage nach dem Ereignis und noch unter dem Eindruck der Verwüstungen und Schäden beriet der Binzener Gemeinderat am 8. Juni 1978 über die erforderlichen Maßnahmen. Das Ingenieurbüro Dietsche (heute tiwa) in Lörrach wurde mit umfangreichen Untersuchungen und Lösungsvorschlägen beauftragt, der Sachverstand es Wasserwirtschaftsamtes war ebenso gefragt, wie die Meinung des Regierungspräsidiums in Freiburg.

Jahrhunderthochwasser - Koppengasse 11
Binzen - Koppengasse 11

In mehreren Sitzungen befasste sich das Gemeindeparlament mit den Vorschlägen und Ausführungsvarianten einer umfassenden und – nach menschlichem Ermessen – wirkungsvollen Vorbeugung gegen weitere Hochwasserkatastrophen. Die schließlich mit großer Mehrheit favorisierte Lösung versuchte fast Unmögliches zu vereinen:
Zum einen die wirksame bauliche Vorkehrung mit den entsprechenden massiven Befestigungen und Bauwerken, zum anderen aber die Rücksichtnahme auf Gesichtspunkte des Umweltschutzes, der Ökologie und der Ästhetik. Schon im Dezember 1979 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Zuerst wurde das Binzener Wehr abgerissen und eine Jamborschwelle gebaut. In der zweiten Ausbaustufe wurde das Eimeldinger Wehr abgesenkt und die Kander bis zur Schwelle ausgeräumt. Der dritte Abschnitt der Kandersanierung wurde zweigeteilt, indem der Ausbau der Schwelle bis zur Fischinger Straße vorangetrieben und danach die Fundamente und die neue Brücke für die Verbindung Koppengasse/Schlossgasse errichtet wurden.

Im ersten Teil des vierten Bauabschnitts wurde das Teilstück von der „Niederen Brücke“ (Fischinger Straße) bis zur Koppengasse ausgebaut, danach im zweiten Teil die Strecke von der Koppengasse bis oberhalb der „Oberen Brücke“ (Mühlenstraße) an der Einmündung des Mühlekanals in die Kander. Der fünfte und letzte Abschnitt reichte bis zum Ende des Baugebiets „Im Unterwörth“.

Jahrhunderthochwasser - Hauptstraße
Binzen - Hauptstraße

Die aufwendigen Arbeiten haben ca. 6 Millionen Mark verschlungen, die für die Sicherheit der Bürger investiert wurden.

Es bleibt festzuhalten, dass niemand diesen gewaltigen Eingriffen leichten Herzens zugestimmt hat. Es war vielmehr die Hoffnung damit verbunden den Menschen im Dorfkern zwischen Hauptstraße, Mühlenstraße, Koppengasse, Webergasse und Fischinger Straße und in den angrenzenden Gebieten die Angst um ihr Hab und Gut zu nehmen und sie vor dem Schicksal der Jahre 1948 und 1978 zu bewahren.

Das letzte größere Hochwasser im Mai 1983 hat bereits die Wirksamkeit der bis dahin fertiggestellten Maßnahmen bewiesen. Die gesteigerte Abfließgeschwindigkeit, die Begradigung des Bachbettes und der vergrößerte Querschnitt haben dort Schlimmeres verhindert. Hoffentlich bleibt den Menschen an der Kander, hier wie andernorts, die Probe aufs Exempel in Zukunft erspart.

  • Gemeindeverwaltung Binzen
  • Am Rathausplatz 6
  • 79589 Binzen
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