Impressionen aus Binzen

Entwicklung mit Augenmaß

Binzen ist seiner geographischen und landschaftlichen Lage wegen eine attraktive Gemeinde, die trotz ihrer teilweise sehr lebhaften Vergrößerung stets organisch und behutsam gewachsen ist. Nicht nur die Lage dürfte der Grund für die begehrte Wohnsitznahme hier sein, auch die Menschen, echte Markgräfler eben, tragen ein gutes Stück dazu bei, dass sich zugezogene Neubürger rasch zu Hause und angenommen fühlen. Eine wichtige Aufgabe kommt hier den Vereinen zu, die als starker integrativer Faktor zusammenführen und verbinden.

Wichtig auch, zum Beispiel, die Neujahrsbegrüßung, die in Binzen mehr ist als ein Ritual, ein abzuhakender Tagesordnungspunkt im Jahresplan. Jung und Alt, Einheimische und Neubürger sind gleichermaßen eingeladen und nutzen gerne die Gelegenheit, nach dem Jahresbericht des Bürgermeisters bei einem Glas "Binzener" über die große und kleine Politik, über den letzten "Herbst", den zu erwartenden neuen Wein und was sonst nicht alles zu diskutieren, und dabei dem halben Dorf ein "Grüß Gott" und "e guet Neus" zuzurufen.

Und wenn es ein solch gelungenes Werk wie die neugestaltete Hauptstraße mit einem prächtigen Volksfest einzuweihen gilt, ist natürlich ganz Binzen auf den Beinen, so geschehen bei dem spektakulären Ereignis am 24. September 2000!

Bis zu dem stattlichen Dorf Binzen des Jahres 2010 war es ein langer und nicht immer einfacher Weg. Ein Blick auf die Einwohnerzahlen, die seit der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg verlässlich vorliegen, bietet einige recht interessante Erkenntnisse. Von damals etwa 300 bis 350 Einwohnern im Jahre 1659, war über 444 Einwohner anno 1698 (536/1.757, 640/1.810) im Jahre 1864 ein erster Höchststand mit 1.165 Einwohnern erreicht, der nach der Jahrhundertwende sogar wieder unter die 1.000-Marke absank und 1918, nach dem Ersten Weltkrieg also, bei 980 lag.

Nach einer geringfügigen Zunahme in den folgenden zwei Jahrzehnten, machten sich die Opfer des Zweiten Weltkriegs natürlich auch in der Einwohnerzahl bemerkbar. Nach 1.055 Einwohnern bei Kriegsbeginn sank die Zahl 1946 auf 967, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich darunter noch eine stattliche Zahl von Flüchtlingen und Vertriebenen befand.

Dann aber stand das Wachstumssignal auf "Grün": 1950: 1.149 Einwohner, 1955: 1.314, 1961: 1.379, 1966: 1.432 und 1970 bereits 1.728 Einwohner. Die ersten großen Bebauungspläne "Frohnberg", "Südliche Ortserweiterung" und "Frohnberg-Süd", die in den Jahren 1957 bis 1968 aufgestellt und realisiert wurden, sorgten für den ersten Entwicklungsschub.

Mühlenstraße
Mühlenstraße mit Blick auf Stapfelehus und Kirche

Mit der “Krummen Länge”, “Renne”, “Schlattgarten” und “Im Winkel” wurde von 1973 bis 1979 weiteres Bauland erschlossen. Einen deutlichen Aufschwung nahm die Wohnbautätigkeit mit dem im nordöstlichen Gemeindeteil gelegenen Baugebiet “Unterwörth”, das sich mit dem kleineren Bereich “Im Mühlgarten” Ende der 80er Jahre rasch entwickelte und zwischenzeitlich bebaut ist. Im Gewann “Steinbrunnenmatten” entstanden im Wege der Abrundung der bestehenden Bebauung zwischen dem Schulareal, dem Schallbacher Weg und der Koppengasse seit Mitte der Neunziger Jahre mehrere Häuser. Damit sind auch Schule und Halle noch besser mit dem Ort verflochten.

In den Jahren 2000 und 2001 hat der Gemeinderat die Weichen gestellt für den Ankauf und die Erschließung des neuen Baugebietes “ Lochacker“, vis-à-vis dem “Unterwörth“. Erstmalig wurde dabei ein Konzept realisiert, bei dem die Gemeinde zuerst alle Grundstücke des neuen Plangebietes zu einem guten und fairen Preis aufkauft, um damit die Möglichkeit zu schaffen, Bauland für alle Einkommensschichten bereit zu stellen und der Bodenspekulation wirksam Einhalt zu gebieten. Bereits jetzt besteht eine sehr hohe Nachfrage nach diesen schön gelegenen Grundstücken. Das Angebot wurde gerne genutzt: Ende 2007 war der "Lochacker" mit rund 50 Neubauten komplett besiedelt.
Die Bebauung der Grundstücke “Salpeterhütte“ am südlichen Ortseingang erfolgte parallel. Inzwischen ist auch das Abrundungsgebiet "Krumme Länge II" zwischen "Lochacker" und dem Hallen-Schul-Komplex bebaut und auf dem ehemaligen "Sonne"-Areal kann noch dieses Jahr eine Senioren-Service-Wohnanlage mit über 40 Mietwohnungen bezogen werden.

Diese Baugebiete haben natürlich eine erhebliche Steigerung der Einwohnerzahl bewirkt:

1975 waren 1.812 Personen in Binzen wohnhaft, 1980 war mit 2.021 die Zweitausendermarke überschritten und 1985 waren es dann 2.202 Einwohner. 1988 wohnten 2.236 Personen in unserer Gemeinde, 1996 schon 2.499 und nach der letzten amtlichen Statistik vom 31.12.2009 sind es nun knapp 2.900. Somit hat sich die Einwohnerzahl seit dem Krieg verdreifacht. Sie wird auch in naher Zukunft sicher noch wachsen.

Ochenbrunnen
"Ochsen-Brunnen" als Kuhtränke, Landwirt Jost

Mehr noch als der Vergleich der Einwohnerzahlen fällt die Entwicklung der Anzahl der Wohnungen ins Auge:

Zwischen den Volkszählungen 1970 und 1987 hat die Einwohnerzahl um 22% zugenommen, gleichzeitig stieg jedoch die Zahl der Wohnungen um 80% (!). Interessant ist auch, dass dabei das Verhältnis von Einwohner zu Wohnung von 3,7 im Jahr 1970 auf 2,5 im Jahr 1987 zurückgegangen ist. Standen zur Zeit der Währungsreform (1948) in Binzen noch 193 Häuser mit 300 Wohnungen so waren es knapp 40 Jahre später 550 Häuser mit 868 Wohnungen. 2010 stehen in Binzen mehr als 700 Häuser mit rund 1.200 Wohnungen.

Binzen ist größer geworden. Vernunft und Augenmaß haben jedoch immer das Wachstum des Dorfes bestimmt und ihm deshalb bittere Erfahrungen und Wege in eine falsche Richtung erspart. Auch in Zukunft sind diese Maßstäbe gescheiter Kommunalpolitik so gefragt wie eh und je!

Landwirtschaft in schwierigen Zeiten

Parallel zu dieser Entwicklung vollzog sich der Wandel von der bäuerlich strukturierten Gemeinde zur Wohngemeinde. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges gab es in Binzen noch 82 landwirtschaftliche Betriebe, im Krieg selbst erhöhte sich die Zahl durch die Notwendigkeit zu mehr Eigenversorgung und hatte nach dem Kriegsende fast den selben Stand wie zuvor erreicht. Dann ging die Landwirtschaft allerdings gewaltig zurück: 1966 waren noch 48 Betriebe vorhanden, davon immerhin 26 Vollerwerbsbetriebe. Gut drei Jahrzehnte später (2000) sind es noch 14 Voll- und 11 Nebenerwerbsbetriebe, die 214 Hektar Ackerland und knapp 55 Hektar Reben bewirtschaften.

Interessante Zahlen erbringt ein Vergleich der Landwirtschaftszählungen 1990 und 2000: So hat sich der Rinderbestand in der Gemeinde von 371 auf 232 verringert (- 38%), die Zahl der Schweine ging sogar von 122 auf 11 zurück. Umgekehrt hat sich die Zahl der Pferde mit 26 gegenüber 12 im Jahr 1990 mehr als verdoppelt. Den Spitzenplatz nehmen zahlenmäßig mit 1.285 Exemplaren die Hühner ein, Schafe werden – zumindest statistisch – keine mehr gehalten.

  • Gemeindeverwaltung Binzen
  • Am Rathausplatz 6
  • 79589 Binzen
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