Gemeindeansicht

Ortsgeschichte

Aus dem Dunkel der Vergangenheit erscheint Binzen historisch belegt mit einer Urkunde, datiert auf den 17. Juli 767. Eine Kopie aus dem 10. Jahrhundert ist erhalten geblieben und liegt im Staatsarchiv zu Paris. Es geht um einen Kaufvertrag, in dem neben Binzen auch die Nachbarorte Rümmingen, Wollbach, Tumringen, Haltingen und Eimeldingen Erwähnung finden, sowie eine damals noch vorhandene weitere Siedlung auf Binzener Gemarkung: “Eppalinchova”, später: “Im Epliger”. Das Datum dieser ersten urkundlichen Erwähnung fällt historisch in die Zeit der Machtübernahme der Franken über den alemannischen Siedlungsraum. Der besagte Kaufvertrag wurde vor dem Thing (Gericht) in der Königspfalz “Mareleija” (Marlenheim im Unterelsaß) am 17. Juli im 16. Regierungsjahr des Königs Pipin (751 - 768) als “rechtsgültig” zwischen den Vertragspartnern vollzogen. Hier - wie auch in einer Reihe weiterer bedeutsamer Quellen - finden sich für das heutige Binzen die ursprünglichen Namen in immer wieder leicht variierter Schreibweise. Aus “binußhaime” wird in der so genannten “St. Gallener Urkunde” vom 26. Juli 807 “pinuzheim”, daneben auch “pinezheim” und später um die Jahrtausendwende dann “binizheim”. Mit den erstmals im Jahr 1169 auftauchenden Freien Herren von “pinczheim” vollzieht sich allmählich über “binzeheim” hin zu “bintzen” (in dieser Form erstmalig in der “Aargauer Urkunde” von 1465) die Entwicklung zum heutigen Ortsnamen.

Rathausplatz mit eh. Schulhaus
Der heutige Rathausplatz mit ehemaligem Schulhaus, heute Schuhhaus Nestle. Links die Handlung Rössler, heute Apotheke.

Die vielfältigen Erwähnungen in noch vorhandenen Urkunden und anderen Quellen verdankt Binzen der Tatsache, dass sich auf seiner Gemarkung Kirchenbesitz verschiedenster Art befand. Vieles gehörte dem Fürstenbischof von Basel, der erster und oberster Lehensherr im Dorf war. Auch die Basler Klöster, St. Alban, die Barfüßer, das Predigerkloster, die Augustiner, die Kartäuser und schließlich der Stift St. Peter waren Eigentümer verschiedener Kleinliegenschaften, aus denen sie Geld und Naturalien bezogen. Zu den frühesten Grundbesitzern in Binzen zählt auch das in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts von den Benediktinerinnen zu Ottmarsheim gegründete Kloster, das seinen Namen nach dem berühmten St. Galler Abt Othmar erhielt. Kein geringerer als Kaiser Heinrich der IV. bestätigte am 1. März 1064 zu Straßburg der Abtei Ottmarsheim Güter, unter denen sich auch solche zu “binizheim” in der Grafschaft Breisgau befanden. Später berichtet jedoch kein Flurname und keine Akte mehr über Art und Umfang dieses Besitzes, obwohl die Äbtissin von Ottmarsheim noch im Jahr 1599 den Zehnten von gewissen Reben in Binzen bezogen haben soll.

1275 traten auch die Burgherren von Rötteln in Binzen auf den Plan. Die Röttler Ansprüche beriefen sich ursprünglich auf Patronatsrechte an der Binzener Kirche und auf die vom Basler Fürstbischof übertragenen Vogtrechte, sowie auf die später erworbenen Besitzrechte von Gütern und Gülten.

Mit dem “Letzten von Rötteln”, Walter dem III., der kinderlos 1310 starb, gingen die herrschaftlichen Rechte zu Binzen auf die Grafen von Hachberg-Sausenberg über, die bis ins hohe Mittelalter (1503) ihre Herrschaft ausübten. Von da ab war auch Binzen zur Markgrafschaft Baden gehörig, die aber erst um 1769 die letzten bischöflichen Rechte von Basel erwerben konnte. (s. hierzu das Kapital: “Binzen – ein Teil des Markgräflerlandes“)

Leider bleibt ein bedeutsames Kapitel der Binzener Geschichte fast vollständig im Dunkeln. An die frühere Burg oder das Schloss am Ufer der Kander erinnert heute nur noch der Name “Schlossgasse”, die auf Höhe des Rathauses von der Hauptstraße in westlicher Richtung durch die Wohnbebauung zur Kander führt. Nirgendwo findet man eine Abbildung oder eine genauere Beschreibung des Gebäudes, das früher die Burgvogtei beherbergte. Aus verschiedenen historischen Zusammenhängen ergibt sich die Entstehung der Burg im 12. Jahrhundert. Im Berain von Binzen aus dem Jahr 1405 wird sie als Burg erstmalig urkundlich erwähnt. Das Puzzle aus Rechnungen, Akten und sonstigen Quellen der damaligen Zeit erzählt uns, dass das zweistöckige Gebäude von geringem Umfang an der Kander lag, und neben dem Wohngebäude über einen Kuh- und Pferdestall und einen danebenstehenden festen Turm verfügte. Über den Wassergraben, der die ganze Anlage umgab, führte eine Fallbrücke zum Eingangstor und in den Hof. Von Burgenromantik kann wohl nicht die Rede sein, wie aus der Inventarliste hervorgeht, die anlässlich des Dienstantritts des neuen Burgvogts Hans Caspar von Jestetten 1591 angefertigt wurde:
  1. Die niedere, große Stube mit 1 alten, gefirnißten Gießfaß - Kensterlin -, 1 kleinen, schwarzen Tischlein und 1 Kämmerlein neben dieser Stube.
  2. 1 Kammer neben dieser Stube mit 2 Betten ohne Ziechen und 1 großen, alten Trog; 1 ganz neue Bettstatt mit Himmel.
  3. Kammer gegen die obere Stube mit altem Kutschbettlein (Wiege) und die Küche davor mit zinnernen Bechern und Tellern.
  4. Die mittlere Stube.
  5. Vor der großen Stube 12 alte Stühle für die Fröner und 1 alte, lange Bank.
  6. Im Turm 1 alter, schlechter Tisch, 9 Bittich, 2 alte Sechter, 1 Turmseil, 1 Armeisen samt einer Kette für die Gefangenen, 1 alte Bettlade im Kämmerli.
  7. Im Schloßkeller 2 alte Logel, 2 alte Weingelten, 1 Brennzeichen; im oberen Keller neue hölzerne Trechter und 5 alte, 4 Weinleitern.
    Bei der Trotte im niedern und oberen Keller, auch im Zeughaus standen: 20 große Fuderfaß zwischen 30-10 Saum, 5 halbe Fuderfaß, 6 Vierlingfaß, 1 lange Leiter, 15 Weinzuber und Boggden.
    In den Kornkästen: 3 Boggen, Imi (Fruchtmaß), Schufle und Wanne.
Gefahren drohten der Burg weniger von kriegerischen Auseinandersetzungen und Gewalttätigkeiten, als durch immer wieder gemeldete Brände. Die schweren Kriegshandlungen im 30-jährigen Krieg hatte die Burg bis dahin weitgehend unbeschadet überstanden, als durch Unachtsamkeit französischer Soldaten im Winter 1641 ein verheerender Brand ausbrach. Der Landhofmeister am bischöflichen Hof zu Pruntrut ( frz: Porrentruy, wohin der Basler Bischof nach der Reformation seinen Amtssitz verlegt hatte) meldete: “Das Schloß Bintzheim ist leider bis auf den Boden verbrenndt”.

Von der gesamten Burganlage hatte nur der Schlossturm das Feuer überstanden. Die Burg selbst wurde nicht mehr aufgebaut und verfiel. In der Folgezeit wurden die Steine, Fensterstürze und andere brauchbare Materialien verkauft, ehe schließlich 1769 mit dem Verkauf der letzten Basler Güter an den Markgrafen von Baden auch der Turm abgerissen wurde. An Ort und Stelle kündet heute kein Stein mehr von den Resten der ehemaligen Burgvogtei. Es ist aber davon auszugehen, dass in manchen alten Gebäuden von Binzen noch Relikte jenes weitgehend unbekannten Bauwerkes vorhanden sind, an das heute nur noch die Namen “Schlossgasse” und - südlich davon - die "Burggärten” erinnern, die teilweise noch immer landwirtschaftlich genutzt werden.

Wasserschloss
Das Binzer Wasserschloss

Bei der Beschäftigung mit der Geschichte des Binzener Wasserschlosses treffen wir überraschenderweise auf die Tatsache, dass Binzen im ausgehenden Mittelalter über einen zweiten Herrensitz verfügte. Im Jahre 1557 hatte Werner Wagner, Burgvogt zu Binzen, vom Basler Bischof ein Haus der Kaplanei “Unserer lieben Frauen” zu Binzen samt den umliegenden Gärten erworben. Dessen Schwiegersohn Martin Wyß (oder auch Weyß, später wohl Weiß) erwarb im Jahre 1599 für diese Wohn- und Hofstätte samt den zugehörigen Hofgütern vom Markgrafen einen Freibrief und macht ihn somit für sich und seine Nachkommen zum “Freihof”, der von allen Steuern und bürgerlichen Lasten befreit war. Der “Freihof” diente der Familie Wyß 100 Jahre lang als adliger Landsitz. Die Familie des Martin Wyß wurde aufgrund besonderer Verdienste des Sohnes Hans-Werner im Krieg gegen den Sultan Mohamed III. in Ungarn im Jahr 1601 von Kaiser Rudolf II. geadelt und nannte sich fortan “Wyß von Binzen”. Die Familie übernahm das Wappen des Schwiegervaters, der Familie Wagner. Das von Wagner noch erbaute, aber 1599 von den Wyß in größerem Stil umgebaute Haus oberhalb der Kirche, soll früher auch einmal “Schlösschen” geheißen haben, ist aber schon in älteren Quellen und selbst im heutigen Sprachgebrauch als das “große Haus” geläufig. Das nun über 400 Jahre alte Haus ist dreigeschossig, in nahezu quadratischer Form erbaut und hat an seiner Südseite einen angestoßenen, achteckigen Treppenturm mit einer technisch hervorragend ausgeführten Wendeltreppe aus Sandstein. Die über alle Stockwerke hinweg dicht besetzte Fensterfront mit teilweise schön profilierten Buntsandsteingewändern lässt die einstige herausragende Stellung dieses Gebäudes noch erkennen. Von der Wendeltreppe führen in jedes Stockwerk breite und hohe Gänge, die Mauern sind stark, teilweise bis zu einem Meter. Vor dem Haus befand sich früher ein Ziehbrunnen, dessen unterirdische Teile noch heute einer Besichtigung zugänglich sind.

Durch die fortdauernde Realteilung zerfielen das Gut und die daran haftenden Rechte schon um 1800 in mehrere Familienanteile, so ging leider für Binzen die einmalige Chance verloren, dieses stattliche, repräsentative und für öffentliche Zwecke wohl ideale Haus zu nutzen. So sind im Laufe der Zeit wertvolle Inventarien, Gebäude- und Wohnungsteile unwiederbringlich verloren gegangen.
 

Laurentiuskirche

Älteste Zeugen frühen dauerhaften Bauens in der Gemeinde sind ganz gewiss Teile der Laurentiuskirche. Die im klassizistischen Stil (Weinbrennerschule) in den Jahren 1822 bis 1824 errichtete Kirche ist schon von weither sichtbar das Wahrzeichen Binzens. Das für ein Dorf dieser Größe gewaltige Bauwerk ersetzte die Vorgängerkirche, deren Anfänge sogar bis um das Jahr 800 zurückreichen. Von ihr sind noch die drei unteren Turmgeschosse erhalten geblieben. Die beiden ersten Stockwerke stammen vermutlich aus dem 12., das dritte aus dem 14. Jahrhundert. Das Hauptportal im Turmuntergeschoss bildete ehedem den Chor der alten Kirche. Das zweite Turmgeschoss birgt wertvolle bauliche Relikte aus älterer Zeit: An einem Rundbogen einer vermutlich ehemals auf den Dachboden des Mittelschiffs führenden Tür (heute hinter der Orgel verborgen), befindet sich ein langobardisches Flechtornament und im Türsturz eine vermutlich noch ältere, eingemauerte Doppelsäule mit hohen ottonischen Basen und mit einem bärtigen Kopf am Kapitell.

In der Eingangshalle befinden sich zwei kunstvolle barocke Epitaphien aus Sandstein mit reich gestalteten Rahmen in Blatt- und Blütenwerk. Die Inschrifttafeln erinnern an Johann Eckenstein, Vogt zu Binzen, gestorben 1733, und an dessen Ehefrau Maria Eckenstein, gestorben 1734.

Urkundlich ist die Kirche zum heiligen Laurentius in Binzen seit 807 (St. Gallener Urkunde) nachgewiesen, die Pfarrei seit 1275. Als Filialen werden seit dem 16. Jahrhundert Rümmingen und von 1493 bis 1642 auch Schallbach genannt.

  • Gemeindeverwaltung Binzen
  • Am Rathausplatz 6
  • 79589 Binzen
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